Wenn du hierzulande Faszientraining hörst oder liest, wirst du sofort an die schwarze Rolle denken, mit der du deinen Körper rauf und runter wälzt. Dabei soll alles weh tun, denn nur dann macht es Sinn. Ist das nun wirklich die einzige und die beste Methode, deine Faszien zu trainieren und geschmeidig zu bekommen? Ein genauer Blick auf all die Facetten des Faszientrainings ist daher ratsam.
Die Wichtigkeit von Faszientraining
Faszien als solches, sind ja keine neue Erfindung, sondern sie waren schon immer in unserem Körper. Die westliche Forschung, und dazu zählen wir hier in Europa, haben deren Wichtigkeit leider erst sehr spät erkannt. Der erste Faszien-Kongress fand im Jahr 2007 in Boston, USA statt. Seit über 9 Jahren ist der Faszien-Hype bei uns in Österreich und Deutschland nicht mehr wegzudenken. Er ist in allen (Sozialen) Medien, sowie in den Fitness-Zentren gegenwärtig.
Die östliche Welt – also traditionell Chinesischen Medizin (TCM) – kennt die Bedeutsamkeit dieses allumfassenden Bindegewebes bereits seit mehreren hundert Jahren. Da war es das Shaolin-Kloster, das eine Methode in Form von „Yi Jin Jing“ (gesprochen in etwa „I Tsin Tsing“) erfand. Diese zielte optimal auf das Faszien-Kostüm des Menschen ab. Yi bedeutet „Transformation, Umwandlung“, Jin heißt so viel wie „traditionell Muskeln, Sehnen und Bänder“, und Jing kann mit „Methode“ übersetzt.
Das Schöne dabei, du brauchst absolut keine teuren Geräte und nur wenig Platz. Deine Matte reicht dazu völlig aus. Hier werden nun diese verschiedenen Faszien-Trainingsstile gegenübergestellt, damit du selbst vielleicht mal ein anderes Faszien-Workout in deinen Trainingsplan aufnimmst.
Rolle dich
Die Hartschaumrollen sind die geläufigsten Faszien-Werkzeuge, die eine sehr große Oberfläche bieten und dadurch breitflächigen Druck auf deine Muskeln, inklusive Faszien ausüben. Es gibt für Anfänger oder Zartbesaitete weichere Rollen, die sich dann in der Farbe unterscheiden. Wenn du bereits seit mehreren Jahren mit der Rolle trainierst und dein Faszien-Kostüm weichwälzt, dann kannst du jederzeit auf härtere PVC-Rollen mit großem Durchmesser oder sogar der Hantelstange umsteigen.
Wie verklebt das Bindegewebe und dadurch in seiner Funktion gestört ist, erkennt man, wenn sogar das Rollen mit der weichen Rolle einen heftigen, fast unerträglichen Schmerz erzeugt. Wenn du jedoch kleinere Faszien-Punkte bearbeiten möchtest, dann greifst du besser zu (kleineren) Bällen. Diese sogenannten „Hot Spots“ sitzen vor allem zwischen den Schultern oder in der Hüftgegend. Verwenden kannst du hierfür zu Beginn einfach ein Tennisball, später ein Faszien-Ball und bei ganz hartnäckigen Problemzonen sogar ein Base- oder Lacrosse Ball.
Wenn du zum Beispiel zwei Lacrosse Bälle zusammenklebst oder sie in einen alten Socken steckst und diesen zubindest, dann hast du im Nu einen Doppelball, der gut für deine Brustwirbelsäulen-Mobilisation ist. Schmerzpunkt-Smashing geht damit perfekt.
Arten des Faszientrainings
Smashing
Wie schon oben erwähnt, ist Rollen nicht die einzige Methode. Das Smashing ist ein Durchgängig-machen, bei dem du mit einer Rolle oder einem Ball tiefere Muskel- und Faszienschichten erreichen kannst. Dabei platzierst du das Faszien-Werkzeug auf dem zu bearbeitenden Bereich (zum Beispiel Quadrizeps) und übst maximalen Körperdruck aus. Wichtig dabei ist eine gleichmäßige und tiefe Atmung. Sonst einfach bleiben und genießen.
Contract & Relax
Bei der Methode Contract & Relax wird ein Faszien-Werkzeug unter die zu trainierende Körperstelle gelegt, dann die Muskelpartien über 5 Sekunden kontrahiert (Contract) und plötzlich lockergelassen (Relax). Dabei entspannt sich dieser Körperteil und wird sich in seiner Haltung verändern. In dieser Position wieder Anspannen (dieses Mal 10 Sekunden) und erneut in die Entspannung fallen lassen. Diesen Vorgang kannst du mehrmals wiederholen.
Smash & Floss
Bei der Smash & Floss Methode machst du deine Faszien-Verklebungen mittels Druck (Smash) und anschließender Bewegung (Floss) wieder gleitfähig und daher beweglicher. Wieder wird mit der Rolle oder dem Ball großer Druck auf die verhärtete Stelle ausgeübt und dann bewegst du die damit verbundene Extremität in größtmöglichem Radius in alle Richtungen. Das Ganze sollte mindestens zwei Minuten gemacht werden.
Pressure Wave
Nun kommt das allseits bekannte Rollen. Es wird in der Faszien-ExpertInnen-Sprache als Pressure Wave (Druckwelle) bezeichnet. Wenn du in dieser Technik arbeitest, dann platziere eine Rolle oder einen Ball unter dem Zielbereich. Bring nun dein ganzes Körpergewicht darauf und bewege die Rolle langsam (!) Richtung Herz. Idealerweise sollte die Rollrichtung quer zur Muskelfaser oder Muskelzugrichtung sein. Je langsamer deine Rollbewegung ist, desto effektiver ist es, denn das Gewebe kann sich auf dem Faszien-Werkzeug gut entspannen und ein enormer Druck kann aufgebaut werden. Herzwärts deshalb, weil die Venen und die Lymphe in Richtung Herz laufen und alles das mitnehmen sollten, was du in deinen verklebten Faszien nicht mehr benötigst.
Tack & Twist
Zu guter Letzt gibt es beim Faszientraining noch die Tack & Twist Methode, bei der du deine Gleitflächen verbessern kannst. Drücke dazu den Ball in das zu mobilisierende Gewebe (Tack) und drehe im Anschluss diesen so fest wie möglich in eine Richtung (Twist) und dann in die andere. Dazu kannst du auch noch in den benachbarten Körperregionen Bewegungen einfließen lassen. Diese Drück- und Drehtechnik ist gut bei Händen, Handgelenken, Ellenbogen und Sprunggelenk, Stellen wo die Haut fest am Gewebe oder am Knochen angeheftet ist.
Diese Faszien-Trainingsmethoden stammen vom Mobilisations-Guru aus den USA, Dr. Kelly Starrett, Buchautor von „Sitzen ist das neue Rauchen“ und „Werde ein geschmeidiger Leopard“.
Gummihüpfen ist wieder „in“
Einen etwas anderen Zugang zum Thema Faszientraining bekommst du, wenn du Dr. Robert Schleip, Faszien-Papst aus Deutschland, verfolgst. Er will ja absolut nicht so benannt werden, ist aber auf diesem Gebiet federführend. Sprichwörtlich federführend, denn er sagt, dass du die besten Ergebnisse mit kleinen federnden, endgradigen Belastungen in einer Geschwindigkeit von 200 ms (Millisekunden) erzielst. Das bedeutet für dein Training, dass zum Bespiel Seilspringen oder das, in meiner Jugend überall heißgeliebte Gummi-hüpfen perfekt für deine Faszien-Fitness sind.
Ebenso bist du in solchen Federungen, wenn du zum Beispiel kopfüber in der Grätsche stehst, deinen Oberkörper nach unten beugst und rotierst, gegenüberliegend deinen Knöchel schnappst und nun mit dem anderen Arm nach oben kommst und in die Körpermitte federst. Klein und fein ist hier die Devise.
Ebenfalls eine wippende Faszien-Übung ist, wenn du mit hüftbreiten Beinen stehst, deinen Oberkörper wieder nach vorne unten beugst und diesen dann in kleinen Bewegungen Richtung Boden wippst. Dabei lass deine Handflächen beziehungsweise Handrücken im Wechsel den Boden berühren. Auch hier lautet das Motto: klein und fein.
In der fließenden Bewegung sein
Bist du eine Liebhaberin oder ein Liebhaber der ruhigeren Sportarten? Dann findest du die rhythmisch fließenden Bewegungen aus dem Qi Gong, dem Yi Jin Jing, sicher ideal für deine Faszien-Transformation. Das Schöne an diesen Übungen ist, dass du sie überall machen kannst. Sie brauchen wenig Platz, denn du arbeitest nur in deiner Körperlänge und Körperbreite. Natürlich wäre es optimal, wenn du, wie im Yoga den Morgengruß, diese 12 Bewegungen in dein Morgenritual einbaust. Gerne an der frischen Luft.
Die 12 Übungen fürs Faszientraining
Diese 12 Übungen werden fast ausschließlich im Stehen praktiziert. Sie beginnen mit einigen Ein- und Ausatmungen und gehen dann, einer Choreografie gleich, fließend von einer in die nächste über. Dabei kommst du bei der Einatmung in eine Streckung bei den Beinen und in ein Öffnen deines Brustkorbs. Diese erste Bewegung wird als „Wei Tuo tragend eine Stange darbieten“ bezeichnet. Bei der Ausatmung, das ist der zweite Teil einer Bewegung, bringst du deine Finger vor dir wieder zusammen. Dabei lässt du die Bewegung aus dem Brustkorb kommen. Die Ellenbogengelenke machen Pause. Das Ganze sieht aus, als ob du einen Baum umarmen würdest.
Bei der dritten Yi Jin Jing Übung stehst du mit deinen Fersen geschlossen und in den Zehen mit einem faustbreiten Abstand am Boden. Bei der Einatmung beugst du deine Knie. Hole beide Arme mit den Handflächen Richtung Himmel gestreckt auf deinen höchsten Punkt im Körper, deinen Bai Hui. In der anschließenden Ausatmung streckst du nun deine Beine, gehst auf die Zehenspitzen (Fersen bleiben geschlossen) und streckst deine Arme komplett Richtung Himmel nach oben durch. Hierbei solltest du in die volle Streckung aller Gelenke kommen. Ein achtsames Ziehen ist hier unumgänglich, welches natürlich eine gute Körperwahrnehmung voraussetzt.
Egal für welches Faszientraining du dich nun entscheidest, sei immer mit all deinen Sinnen dabei. Lass dich von oben herab sinken und richte dich von unten her auf. Geistloses Rollen war gestern. Ab heute beschreitest du einen neuen Weg zu deinem körperlichen Ziel, nämlich deine Faszien zu einem unerschütterlichen Netzwerk für deinen Alltag zu transformieren.
Viel Erfolg dabei wünscht dir Martina
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